Grundschulkinder als Corona-Versuchskaninchen?

Presseerklärung zur Ankündigung des Kultusministers über die Rückkehr zum Regelunterricht an Grund- und Förderschulen ab dem 22. Juni

Der Kreisvorstand der GEW Limburg reagiert mit vollständigem Unverständnis und Entrüstung auf die Ankündigung von Kultusminister Lorz, dass in den letzten zwei Wochen vor den Sommerferien der Unterricht an den Grundschulen und Grundstufen der Förderschulen wieder im Regelbetrieb stattfinden soll und alle bisher geltenden Abstandsregelungen aufgehoben werden. Die GEW erinnert daran, dass die ersten, zweiten und dritten Klassen gerade einmal seit dem 2. Juni überhaupt wieder in der Schule sind und somit erst seit einigen Tagen an die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln herangeführt werden. Das verlangt von den Lehrkräften großes Einfühlungsvermögen und Hartnäckigkeit. Und jetzt sollen sie von einem Tag auf den anderen in der Schule, in Gruppen von bis zu 25 Kindern, die bis zu 5 Stunden in engen, schlecht belüftbaren Räumen sitzen, nicht mehr gelten? Das ist aus Sicht der GEW Limburg Wasser auf die Mühlen all derer, die alle Vorkehrungen sowieso „für Mumpitz“ halten und untergrabe die Glaubwürdigkeit der Lehrerinnen und Lehrer.

„In den Wind geschossen“ sei auch der enorme Arbeitsaufwand der Schulleitungen und Kollegien, um mit Unterstützung der Schulträger die Räume für kleinere Gruppen herzurichten, Stundenpläne, Aufsichtspläne und Raumpläne nach immer wieder neuen Vorgaben herzurichten, die Eltern zu informieren und um ihr Verständnis für die pandemiebedingten Einschränkungen zu werben. Die GEW Limburg erinnert daran, dass beispielsweise für die vierten Klassen jetzt der vierte Organisations- und Stundenplan geschrieben werden soll. Die Frage, ob das in der Konsequenz wirklich zwei Wochen vor den Ferien notwendig ist, beantwortet die GEW mit einem eindeutigen Nein.

Das Vertrauen in den hessischen Kultusminister und seine Verlässlichkeit sei einmal mehr massiv „zutiefst erschüttert“, denn er habe in dem Erlass vom 7. Mai zur Öffnung der Grundschulen ausdrücklich geschrieben, dass alle Regelungen einschließlich der Vorgaben zu Gruppengrößen und Abstandsregeln „zunächst bis zu den Sommerferien Bestand haben“. Auch seine Zusage, zukünftig die Eltern und die Lehrkräfte rechtzeitig zu informieren und einzubeziehen, sei einmal mehr „keinen Fetzen Papier wert“. Besonders schwerwiegend sei auch der Vorwurf, der in den Grundschulkollegien unmittelbar nach der Ankündigung laut wurde, dass die Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte der Grundschule hier als „Versuchspersonen“ für die Ausbreitung der Epidemie dienen sollen: „Offensichtlich will man auch in Hessen in den wenigen Tagen vor den Ferien Erfahrungen sammeln, wie sich die Aufhebung der Abstandsregeln auswirkt“. Die Ferien dienten dann als „Sicherheitspuffer“. Die GEW Limburg ist sich sicher, dass auch Eltern nur wenig Verständnis für diese Entscheidung haben. Viel wichtiger als die symbolische Öffnung der Schule an zehn Unterrichtstagen sei eine verantwortungsvolle und verlässliche Planung für das nächste Schuljahr, die alle Möglichkeiten berücksichtigt, das heißt sowohl eine weitgehende Rückkehr zum Regelunterricht unter Beachtung von Hygienevorschriften als auch die einer zweiten Welle der Pandemie.